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ALKOHOL

FAKTEN ZU ALKOHOL

Alkohol gehört zu unserer Kultur. In der Kochkunst als Geschmacksverstärker, Aromaträger oder Konservierungsmittel.
In der Medizin zur Desinfektion, oder als Hausmittel (kleine Mengen!!!) bei Schockzuständen. In unserer Gesellschaft als geduldetes Mittel für Genuß oder Rauschzustände.


RAUSCH

Medizinisch bezeichnet man einen akuten Rausch als akute Intoxikation. Daran kann man schon sehen, dass es durchaus schädlich ist, denn Intoxikation bedeutet Verfgiftung.
Der Rausch ist ein vorübergehendes Zustandsbild. Es kommt zu Störungen des Bewusstseins (z.B. Filmriss), der kognitiven Fähigkeiten, der Wahrnehmung (unscharfes Sehen), des Affektes, des Verhaltens. Das bildet sich in kurzer Zeit zurück, manchmal unter Begleitung von Erbrechen und starken Kopfschmerzen oder langem, tiefem Schlaf.

Das Abhängigkeitssyndrom

Um von Abhängigkeit zu sprechen, müssen über längere Zeit mindestens 3 der folgenden Symptome gleichzeitig existieren:

  • Zwang zum Trinken

  • verminderte Kontrolle über Beginn, Ende und Menge des Trinkens

  • körperliche Beschwerden bei Entzug

  • es muss immer mehr getrunken werden, um den gewünschten Zustand zu erreichen(Toleranz)

  • Verlust des Interesses an Hobbys oder Personen

  • trotz der Aufklärung über bleibende Schäden, z.B. durch einen Arzt, keine Verhaltensänderung. Selbstschädigung wird in Kauf genommen.

 

Bei Alkoholismus sprechen wir von verschiedenen Formen

EINTEILUNG NACH JELINEK

  • Alpha Trinker
    Probleme und seelische Spannungen sind die Ursache für das Trinken. Im Alkohol werden Entspannung und Erleichterung gesucht und gefunden. Die Trinker sind seelisch (psychisch) vom Alkohol abhängig. Sie schädigen auf die Dauer ihre Gesundheit, ihre Persönlichkeitsentfaltung und ihre Familie.

  • Beta Trinker
    Die Beta-Trinker übernehmen gesellschaftliche und/ oder berufliche Trinkmuster. Sie können bei jeder Gelegenheit zum Alkoholtrinken verführt werden. Sie sind Gewohnheitstrinker, deren Alkoholkonsum zu gesundheitlichen Schäden führt.

  • Gamma Trinker
    Durch das erste Glas Alkohol wird in Gamma-Trinkern ein unzähmbares Verlangen nach immer grösser werdenden Alkoholmengen ausgelöst. Die Trinker verlieren jede Kontrolle über ihren Verbrauch. Zur seelischen (psychischen) Abhängigkeit tritt später die körperliche (physische).

  • Delta Trinker
    Die Delta-Trinker sind unfähig, sich des Alkohols zu enthalten. Sie brauchen eine tägliche Alkoholmenge, die allmählich zunimmt. Sie sind körperlich vom Alkohol abhängig und haben ohne Alkohol starke Krankheitserscheinungen, wie Zittern der Hände, Schlaflosigkeit, Durchfall, Angstgefühle und Schweissausbrüche.

  • Epsilon Trinker 

  • In regelmässig auftretenden Zeitabständen müssen die Epsilon-Trinker Alkohol trinken. Dieses periodisch vorübergehende Auftreten der Trinksucht nennt man Dipsomanie. Die Epsilon-Trinker handeln dranghaft und trinken krankhaft alles, was Alkohol enthält.

 

CO-ABHÄNGIGKEIT

  • Sie schenken dem nassen Alkoholkranken immer wieder Glauben, wenn er Ihnen mitteilt, er will sich ändern. Sie glauben allen seinen Versprechungen.

  • Sie tun für den Abhängigen alles, was er von Ihnen verlangt, nur in der Hoffnung, dass er sich ändert.

  • Sie entschuldigen sich permanent für das Verhalten des Betroffenen.

  • Sie glauben, dass nur Sie alleine dem Betroffenen helfen können. Sie lehnen Hilfe durch Außenstehende ab.

  • Sie versuchen zu kontrollieren, wie viel der Betroffene trinkt. Sie suchen nach versteckten Alkoholvorräten etc.

  • Sie versuchen dem Alkoholkranken bestimmte Mengen Alkohol zuzuteilen.


Es bildet sich in der Beziehung ein Ungleichgewicht von Verantwortung und Vernunft.

Was bedeutet Alkohol in unserer Gesellschaft?

Für Kinder gibt es keinen Alkohol.
Das bedeutet umgekehrt, wer trinken darf bzw. es tut ist erwachsen.Dies ist ein Grund weswegen Teenager Alkohol so reizvoll finden. 


Die meisten Jugendlichen führen Selbstversuche zum Thema Kontrollverlust durch:

  • ausgedehnte Räusche
    Hier wirkt oft auch Gruppenzwang: Wettbewerb - Wieviel verträgst du?

  • Koma-Saufen
    Trinken bis der Arzt kommt. Das heißt es wird nicht über den Abend hinweg zu viel getrunken, sondern in so kurzer Zeit wie möglich wird sehr hochprozentiger Alkohol in großer Menge konsumiert. 1 Flasche Whiskey auf ex etc..Nicht selten endet so eine Aktion auf der Intensivstation, manchmal mit irreperablen Organschäden.

  • Vorglühen
    Man trifft sich vor dem Ausgehen zu Hause,um so kostengünstig wie möglich den erstrebten Rauschzustand vorzubereiten.


Da den wenigsten Jugendlichen Alkohol tatsächlich schmeckt, hatte die Industrie die tolle Idee, Gemische aus hochprozentigem Alkohol mit Limonaden auf den Markt zu bringen. Kein Kommentar!

Viele Jugendliche leben 2 bis 3 Jahre mit einer solchen Wochenendgestaltung.Die meisten hören damit, unabhängig vom Elternverhalten,einfach wieder auf.
Aber nicht alle!!

Interessant ist hierbei, dass immer mehr Mädchen ein solches Verhalten zeigen. 

Räusche werden in unserer Gesellschaft durchaus geduldet z.B. Jungesellenabschied, Studium, Betriebsfest, Beförderung. 
Hier heisst der Subtext:...das haben wir uns verdient!

Alkohol hat auch Tradition als Enthemmer z.B. vor dem Sex, oder bei Feiern, wo Fremde aufeinander treffen.
Hier heisst der Subtext:...sei nicht schüchtern!

An Sonn- und Feiertagen gibt es Alkohol zum Genuß.
Hier heisst der Subtext:...wir können uns etwas Besonderes leisten!

Den Alkohol abzulehnen hat soziale Folgen:

  • Du bist ein Waschlappen

  • Du hälst dich für etwas Besseres

  • Willst du mit uns nichts zu tun haben?

 

Wer je nüchtern zu einer fortgeschrittenen Party kam, weiß, dass der Humorvorsprung nicht mehr aufzuholen ist, man bleibt draussen. 

Bei Alkohol gibt es auch regelrechte Moden z.B.:

  • Absinth
    1. Hälfte des 20. Jahrhunderts bei Künstlern und Bohémiens

  • Tequilla
    2. Hälfte des 20. Jahrhunderts Ritual mit Zitrone und Salz

 

Auch heute in unserer aufgeklärten Zeit macht es einen großen Unterschied, ob jemand bei einer Feier zu seinem Chef sagt:

"Ich kann den Kuchen nicht essen, ich habe Lactoseintoleranz!"
oder
"Ich kann den Wein nicht trinken, ich bin ein trockener Alkoholiker."

Die Problematik lebt nicht nur hinter verschlossener Tür, sondern auch in der Gesellschaft.

 

Was bedeutet Alkohol in der Partnerschaft? 

Lebt in einer Partnerschaft oder Familie ein Alkoholiker, hat das für alle schwere Folgen. Alle sind davon betroffen. 
Die Zahl der Frauen bei Alkoholkranken nimmt zu. Suchtkrankheiten gab es zwar schon immer bei Frauen, aber früher waren Frauen eher Tabletten- als Alkoholabhängig. Das hat sich geändert. 
Der Partner oder die Partnerin des Trinkers spürt: "Ich bin nicht wichtig, ES ist ihm/ihr wichtiger." Alles wird versucht, um den Zustand zu ändern. Und ganz allmählich, schleichend gibt es einen Prozess, in dem sich die Verantwortung verschiebt und als unerwünschte Nebenwirkung auch die Schuld. 

Ich sage: "Ich nehme die Herausforderung an, wir kämpfen gegen die Sucht. 
Etwas später sage ich: "Ich nehme die Herausforderung an, ich kämpfe gegen deine Sucht, denn ich bleibe stark. 

Dann beginnt die unendliche Strecke der Erschöpfung. Auf diesem Weg passieren mehrere Dinge. Ich verstecke das Problem vor der Aussenwelt. Ich mache meine Kinder zu Verbündeten. Sie dürfen nicht mehr Kinder sein, die auf Platz 1 stehen, denn auf PLatz 1 steht schon das Problem. 


Durch die Geheimhaltung, werde ich von den Anderen mehr und mehr isoliert. Das bedeutet auch, ich kann mir von dort keine Kraft holen. Ich spreche Drohungen aus : "Ich verlasse dich, wenn du nicht aufhörst!". Aber ich bleibe, erlebe meine Inkonsequenz und Machtlosigkeit. Der Trinker macht immer wieder Versprechungen, schafft es aber nicht sie einzuhalten. Beide verlieren ihre Würde. 
Schließlich bin ich an einem Punkt, wo ich mir sagen muss, ich habe nicht geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Ich bin Schuld. Ich verliere meine Kraft, aber nicht ganz gleichmäßig. Sie ist mal weg, dann kommt wieder ein bißchen. Es geht hin und her. In immer schnellerer Geschwindigkeit geht es hin und her. Zwischen: "Es hat keinen Wert!" und "Wenn ich mich mehr anstrenge schaffe ich es!" Bis ich ganz wirr werde. Mein eigenes Spiegelbild wird immer unschärfer. Ein Gefühl des eigenen Verschwindens.

WAS ABER HILFT?

Gott gebe mir die Gelassenheit, 
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, 
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, 
und die Weisheit, das Eine vom Andern zu unterscheiden. 

  • Der Alkoholiker muss anerkennen, dass er ein Problem hat, um das er sich kümmern muss.

  • Der Angehörige muss anerkennen, dass seine Hilfe, die Veränderung nur verschleppt.

  • Der Angehörige muss anerkennen, dass seine 1. Pflicht ist, sich um sich selbst zu kümmern, und dann um seine Kinder.

 

Der Alkoholiker muss als Erstes ein eigenes Motiv zur Veränderung haben. Am Anfang steht der körperliche Entzug - er ermöglicht das Aufhören-Können. Der Körper reagiert mit sehr unangenehmen Symptomen auf den Entzug. Schlaflosigkeit, Zittern, Angst, Krämpfe bis zum Delirium tremens, mit Verwirrtheit, Halluzinationen, Bewusstseinstrübung und/oder Überregtheit. 
Werden diese Erscheinungen nicht durch Medikamente abgemildert, spricht man vom harten Entzug. 
Unter ärztlicher Aufsicht und Gabe von Medikamenten, verläuft der körperliche Entzug milder. Dies ist relativ schnell geschafft (ca. 1 Woche). Der psychische Entzug, hat den Sinn eine Stärkung und Aufarbeitung zu leisten, um das Wieder-Anfangen zu verhindern. Dies ist ein Prozess von mindestens einigen Wochen bis Monaten. Er findet in aller Regel in speziellen Kliniken statt. 
Jetzt spricht man von einem trockenen Alkoholiker.

 

Ändert sich der Alkoholiker, und das Nicht-Mehr-Trinken ist eine enorme Veränderung, passt er nicht mehr in die alte Beziehung oder Familie. Es sei denn auch diese ist zur Veränderung bereit. Antrainierte Rollen, die in der Not-Situation richtig waren, müßen jetzt abtrainiert werden. Auch die Kinder der Alkoholiker haben ein Rollenverhalten eingeübt, dass sie oft unbewusst in ihre Erwachsenen-Beziehung mitnehmen. Sie versuchen z.B. Kontrolle auszuüben über den Partner. Gelingt das nicht, durchleben sie eine unerklärliche, unangemessene Angst. 
"Ich muss dafür sorgen, dass alles kontrolliert abläuft, sonst könnte etwas ganz Schlimmes geschehen." 
Sie übernehmen für alles die Verantwortung aus Gewohnheit. Dadurch schleicht sich die altbekannte psychische Erschöpfung ein, aber sie können nicht damit aufhören. Siehe Co-Abhängigkeit.

Die Partnerschaft erlebt ein Ungleichgewicht. Kinder von Alkoholikern reagieren oft geradezu allergisch, wenn der Partner Alkohol trinkt. Der Geruch, das Verhalten, irgendeine Kleinigkeit erinnert sie an die Vergangenheit und den damit verbundenen Schmerz. Dies geschieht unbewusst. Es entsteht Panik und/oder Aktionismus, der auf Aussenstehende unangemessen wirkt. 
Eine große Hilfe für alle Betroffenen sind die Selbsthilfegruppen. Sie sind in allen Phasen eine große Hilfe. Hier gibt es Verständnis, weil alle dort es auch erlebt haben. Hier muss man sich nicht schämen. Dort gibt es Menschen, denen es noch schlechter geht und solche, denen es nach schwerer Zeit viel besser geht. Es gibt also Hoffnung. 


ANLAUFSTELLEN:

  • AA-Anonyme Alkoholiker 
    Treffpunkt: Heilig Geist Gemeindezentrum, Offenburg, 
    Heimburgstraße 2 
    Montags 20-22 Uhr 
    Erstkontakt: Dieter, 01781/602280

  • Al-Anon 
    anonyme Gruppe von Partnern oder Eltern von Alkoholikern 
    Treffpunkt: Heilig Geist Gemeindezentrum, Offenburg, 
    Heimburgstraße 2 

    Montags 20-22 Uhr 
    Erstkontakt: Heidi, 0781/36273

  • Alateen 
    anonyme Gruppe für erwachsene Kinder von Alkoholikern

 

Ich möchte Sie ermutigen diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, oder sie zu empfehlen. Es handelt sich um ein sehr großes Thema, das hier nur angerissen werden konnte. Ich hoffe es regt Sie, wie immer an, miteinander ins Gespräch zu kommen. 

Herzlichst Ihre Andrea Krüger

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