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...bis bald! DIE WOCHENEND-BEZIEHUNG

Eine Beziehung, deren Nähe und Distanz von aussen festgelegt wird, hat viele Auswirkungen auf die Partner

LEO UND NOAH

Ich war geschieden und allein lebend mit meinen beiden Kleinkindern. Noah begegnete ich in meiner Kur.

Wir verliebten uns sehr heftig. Mir gefiel seine ruhige Art, sein Verständnis. Ich hatte grosse Sehnsucht mich geborgen zu fühlen, schwach sein zu dürfen. Er wohnte 400 km entfernt, hatte da gerade einen guten Job gefunden. Das konnte er nicht aufgeben für eine Beziehung, deren Entwicklung nicht absehbar war. Für mich kam ein Umzug auch nicht in Frage, da ich meinem Mann den Zugriff auf die Kinder nicht erschweren wollte. Ausserdem hatte ich hier mein soziales Netz, auf das ich in meiner Situation dringend angewiesen war.

Also kam er Freitag nachts und ging Montag sehr früh. Wir haben uns aufeinander gefreut, und mein Leben begann sich in zwei Hälften zu teilen: mit Noah und - ohne Noah. Die Woche war anstrengend, zumal ich alles Alltägliche in die Woche gepackt habe, damit das Wochenende nicht davon gestört würde, und die kostbare Zeit uns ganz zur Verfügung stand. Je mehr ich mich anstrengte, je höher wurden meine Erwartungen an das ideale Wochenende. Irgendwann begann sich ein Gefühl von Ungerechtigkeit einzuschleichen bei mir.

Er hat eine Woche mit interessanter Arbeit, Erholung, Freunden und Freizeit. Ich habe Stress, muss ihm ein tolles Wochenende bieten, sonst kommt er nicht mehr. Und was tut er?

Am Anfang war ich gestresst durch Sehnsucht grosse Freude und Trauer - mit der Zeit kam unterdrückte Wut, Unsicherheit und Fremdeln dazu. Ich war von der Menge der Gefühle überfordert und brauchte immer länger, um in das wohlige Gefühl hineinzukommen. Ich begann zu nörgeln, zu streiten - heute denke ich,

dass ich nur hören wollte, dass er mich liebt. Er sagte dann nur: wer fährt denn jedes Wochenende 400 km?

Die Beziehung verschlechterte sich zusehends und die Option, dass er zu uns zieht rückte in weite Ferne.

Hierher zu fahren in all den Streit und die schlechte Stimmung wurde immer weniger attraktiv. Bald kam er erst Samstags und ging schon Sonntag Nacht. Dann fiel mal ein Wochenende aus usw. Schliesslich haben wir aufgegeben.

SILKE UND FRED

Wir haben uns sehr jung kennengelernt und ich wusste gleich, das wird meine Frau. Die ist es. Unsere drei Kinder kamen in kurzen Abständen, wir haben gebaut, ich kam in meiner Arbeit voran. Wir hatten es gut.

Dann kam das Angebot nach München zu gehen für zwei bis drei Jahre. Das war ein Karriere-Sprung für mich. Der Älteste war gerade in die Schule gekommen, die anderen Beiden kurz davor. Umziehen hätte für alle drei Schulwechsel bedeutet. Meine Frau sah das kritisch, anderes Bundesland, andere Lehrpläne usw.

Ich war ein bisschen irritiert, dass die Kinder wichtiger waren, als wir. Ausserdem hatte ich den Verdacht, dass sie hier nicht weg wollte... die Freunde, die Eltern.. Doch letztlich war ich auch froh, dass das es kein k.o. Kriterium für den Job war. So ging ich nach München. Was sind schon drei Jahre? Ich nahm eine kleine Wohnung, nahe der Arbeit. Besonders eingerichtet habe ich sie nicht, es war ja nicht für lange.

Unsere Ehe begann sich zu verändern. Wenn ich kam, hatte meine Frau das Wochenende schon durchgeplant. Wann haben wir Besuch, wann sind wir verabredet, wann beschäftige ich mich mit welchen Kind wie, wann sind wir alleine, welche Reparaturen stehen auf meiner to do Liste. Nach und nach wurde ich Statist in dem Film "die glückliche Familie". In meinem anderen Leben gab es Arbeit und Leere. Inzwischen bin ich seit 17 Jahren in München. Die Verlängerungen haben wir dann gar nicht mehr so intensiv besprochen. Mein Platz zu Hause war zugewuchert von der Tüchtigkeit meiner Frau. So traf ich Emmi. Sie war nett hatte eine gemütliche Wohnung, kochte für mich, fragte, was möchtest Du gerne machen. An diese Frage musste ich mich erst gewöhnen. Irgendwann habe ich es Silke gesagt, eigentlich bei einem Streit in der Wut. Sie will es nochmal versuchen, ich will niemandem weh tun, aber viel Überzeugung besitze ich nicht.

ANJA UND MIKE

Wir waren ein langjähriges Paar mit klassischer Arbeitsteilung. Mike verdiente das Geld, bestimmte darüber, kümmerte sich um den Papierkram, die Autos, körperlich schwere Arbeiten in Haus und Garten; ich blieb zu Hause versorgte Kinder, Hund und Haus, ausserdem hielt ich die Beziehungen zu Freunden und Verwandten am Laufen. Anrufe, Einladungen und Geschenke.

Als die Kinder aus dem Haus gingen, hielt ich den Betrieb aufrecht, falls sie zu Besuch kämen. Ich fühlte mich ein bisschen nutzlos. Den Anschluss an meine frühere Berufstätigkeit hatte ich verloren. Für interessante Tätigkeiten war ich nicht ausgebildet genug, andere Arbeiten musste ich ja schliesslich nicht nehmen.

Manchmal besuchte ich Kurse, aber das befriedigte meine Sinnsuche nicht. Mein Mann verlor seine Arbeit und wir hatten zum ersten mal Existenzängste.

Nach drei Monaten fand er etwas in Erfurt, schlechter bezahlt als früher. Aber in seinem Alter kann man nicht besonders wählerisch sein. Die Kinder im Studium, ich musste dazu verdienen. Ich fand etwas -aber!!

Plötzlich wurde mir klar, dass ich mich, wenn ich die gewohnten Pfade verliess, völlig hilflos fühlte.Plötzlich musste ich Auto fahren, mich organisieren, mit Geld auskommen und nicht wie ein Kind von Taschengeld leben, ich musste Entscheidungen treffen. Das war sehr schwer, brachte es mich doch mit meinen untrainierten Feldern in Berührung. Mein Mann konnte mir nicht helfen, er war selbst beschäftigt mit seiner neuen Herausforderung. Das hat mich oft wütend auf ihn gemacht. Aber es half nichts, ich musste jetzt wohl

erwachsen werden. Es war eine Zerreissprobe. Dass unsere Ehe daran nicht zerbrach, verdanke ich allein meinem Mann. Er betrachtete dies alles mit distanziert erstauntem Wohlwollen. Dafür hätte ich ihn umbringen können. Aber ich bin wütend und schimpfend erwachsen geworden. Eine späte Pubertät. Heute können wir zum Glück darüber lachen.

EVI UND BERND

Viele Jahre waren wir ein Wochenend-Paar. Es ging uns gut damit. Wir konnten dieses Verliebtgefühl wie ein kostbares Gut von einem Wochenende ins nächste transportieren. Es gab wenig Streit, jeder hatte ja seinen Freiraum unter der Woche. Als Evis biologische Uhr zu ticken begann, wollte sie ein Kind. Ich mochte Kinder, aber eher in der Art wie man Hunde mag, süß finden, übers Haar streichen und weiterziehen. Evi war ehrlich zu mir. Sie sprach von Verantwortung, Änderung der Prioritäten, unruhigen Nächten etc. Begeistert war ich nicht, aber kann man einem Menschen, den man liebt, so einen wichtigen Wunsch abschlagen? Evi war 38, als Paul kam. Er war ein ruhiger zurückhaltender Bürger. Irgendwie gelang es ihr, dass sich für mich eigentlich kaum etwas änderte. Sie erzählte nichts vom Alltag mit dem Kleinen, besorgte oft für abends einen Babysitter, damit wir ausgehen konnten, und - ich fand ihn nett. Als Paul 4 war, konnte ich mich in unsere Heimatstadt versetzen lassen. Plözlich wurde mir klar, dass wir nicht Eltern mit einem kleinen Sohn sind, sondern dass ich der Besucher von Evi und Paul war. Manchmal kam ich nach Hause und Evi brachte Paul ins Bett und schlief dort ein. Oder ich wollte Sex und sie nicht. Das war neu, denn an den Wochenenden gab es solche Situationen nicht. Ich bemühte mich mich zu integrieren. Ich wollte Paul trösten, wenn er sich weh getan hatte, aber er wollte zu Mama. Wenn wir gleichzeitig zu Hause waren und Paul schlief, wollte sie lesen oder mit Freundinnen telefonieren. Stundenlang.

Kannten wir uns eigentlich? Wollte ich Zuschauer, Bestimmer oder Mitmacher werden? Wir müssen nochmal beginnen, Ende ungewiss.


Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll Sie durch verschiedene Perspektiven wie immer dazu anregen sich mit Ihrem Partner zu diesem Thema auszutauschen. 

Herzliche Grüße
Andrea Krüger

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