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KINDER IN DER BEZIEHUNG

DIE IDEALE VORSTELLUNG

Fragen Sie Ihren Partner, warum er ein Kind möchte. Bitten Sie um eine Antwort, die ausführlich ist. Stimmt

Sie mit Ihrer eigenen überein? Ergänzen sich Ihre Vorstellungen oder widersprechen sie sich? Ich möchte Sie

ermutigen, so ein Gespräch mit Ihrem Partner zu führen, wenn Sie sich Kinder wünschen, oder wenn Sie

schon welche haben.

DIE FAMILIE UND IHRE AUSSENBEZIEHUNGEN

Früher wurden die Kinder im süddeutschen Raum gefragt: Wem ghörsch? (Wem gehöst du?) Darauf gab es

dann eine mehrere Generationen umspannende Antwort. Marias, Anna's ihre! Die älteren Leute schauten in

den Kinderwagen und entdeckten an diesem unschuldigen Wesen Ähnlichkeiten mit einem wilden Großonkel

oder einer hübschen Cousine 2. Grades. Die Kinder trugen oft Namen ihrer Väter bzw. Großväter. Das Kind

war Teil der Sippe. Die Erziehung wurde von Generation zu Generation weiter getragen im guten und im

schlechten Sinne.

Heute haben wir einen Prozess der Individualisierung. Das Kind braucht einen Namen, den sonst keiner hat,

es wird primär Mitglied der Kleinfamilie. Die Erziehung wird neu erfunden, es zirkulieren gleichzeitig die unter-

schiedlichsten Ansichten, was gut und richtig ist. Betritt man eine Buchhandlung, kann man den Grad der

Verunsicherung an der Länge der Regale mit Erziehungsratgebern ablesen.

Hinzu kommt, dass es heute pro Familie weniger Kinder gibt, was unter Anderem bedeutet, dass sich die Er-

wartungen auf weniger Köpfe konzentriert. Das Kind soll durch großen Input, viel Output bringen. Der Junge,

der schwer rechnen kann, hört jetzt nicht mehr:

...genau wie der Onkel Franz immer war...., Sondern er hört: ...Therapie, Therapie...

Er fühlt, dass er seine Eltern irgendwie enttäuscht und diese fühlen sich oft schuldig. Dies Alles und mehr

führt in der Paarbeziehung zu einigen schwierigen Weggabelungen.

 

 

DIE GEBURT

Auf vielen Müttern lastet ein enormer Druck. Das von den Hebammen in den Vorbereitungskursen hohe Ideal

ist die natürliche Geburt. In manchen Fällen ist ein Kaiserschnitt nicht zu vermeiden, oder es muss eben doch

ein Medikament gegeben werden. Viele Frauen betrachten das als persönliches Versagen. Sie zweifeln an

ihren Mutterqualitäten, nach dem Motto: ...das geht ja gut los....

Auch das Stillen klappt nicht immer befriedigend. Eine Frau deren Sohn mit 45 Jahren an Darmkrebs starb,  

sagte mir unter Tränen: Ich konnte ihn damals nicht stillen, ich wollte aber es ging nicht. Hier betreten wir das

Universum der Schuld. Für die Männer gibt es hier die Gelegenheit wirklich ein Segen zu sein.

Sie können sagen: Du machst es toll, du bist eine sehr gute Mutter, ich liebe dich.

 

 

DAS BABY

Das erste Geschenk nach der Geburt ist ein Strauß an lauter Fragen: 
Brauchen wir einen Kinderwagen, der von der NASA getestet wurde? 
Darf das Kind bei der Mutter im Bett schlafen? 
Stoffwindeln oder Pampers? 
Soll es mal ein bisschen schreien oder gar nicht? 
Sollen feste Essenszeiten angestrebt werden oder wird es nach Bedarf gefüttert? 
Wird es gebadet oder nur mit Öl gereinigt? 
Darf es zur Oma auf den Arm oder nur zu Mutter? 
Ist immer Herumtragen für den Rücken gut? 
Vitamin D oder Sonne? 
Sonnenmilch ja oder nein? 
Urlaub oder zu Hause im Gewohnten bleiben? 
Fängt man jetzt schon mit zwei Sprachen an oder später? 
Und so weiter und so weiter...

Die wichtigste Frage ist aber: Wem gehören diese Fragen?

Nur der Mutter, den Eltern gemeinsam, den Großeltern, Freunden, Nachbarn?

Was kann man nicht alles falsch machen, oder?

Eltern sind wohlmeinend, von Natur aus, denn wir sind alle ein bisschen verliebt in unsere Babys. Das liegt an

ihrem wunderbaren Duft und am Kindchen-Schema (große Augen, kleiner Mund). Wenn also Eltern diese

Fragen verschieden handhaben, bedeutet es nicht sie machen es falsch oder richtig - sondern sie machen es

eben verschieden. Also werfen sie die Angst aus dem Boot, bei dieser Fahrt gibt es genügend andere uner-

wünschte Begleiter.

DIE ERSCHÖPFUNG

Kinder beanspruchen ihre Eltern nachts unterschiedlich, und Menschen kommen mit nächtlichen Stöungen

unterschiedlich zurecht. Aber für Alle gilt, es kostet Kräfte. Das kann zu Unzufriedenheit, Gereiztheit oder 

Nögeln führen. Außerdem zu Vernachlässigung der eigenen Person und/oder des Haushalts. Dies sind nor-

malerweise vorübergehende Phasen. Sie sind weniger ausgeprägt, wenn die Mutter oder die Eltern, Hilfe

bekommen und diese auch dankend annehmen.

In manchen Beziehungen gibt es hier viel Eifersucht, die Mutter oder der Vater haben nur noch Augen für das

Baby und der Partner fühlt sich nutzlos und ungeliebt.

Wie können Sie Ihrem Partner zeigen, dass er wichtig ist? Durch Berührung, Worte oder Taten?

DAS KLEINKIND

Das Kind wandelt sich vom hilflosen Wesen, bei dem Versorgung, Befriedigung der Bedüfnisse an erster

Stelle standen, zum Wesen, das sich mit Hilfe der Eltern sozialisieren soll. Es gibt dafür natülich kein Datum

und so liegt es in der Natur der Sache, dass Vater und Mutter unterschiedlicher Meinung sein können, wann

das beginnen soll.

Seine erste Gruppe ist die Familie. Dort lernt es, dass es aufgehoben ist, auch wenn es mal warten muss,

Die Zeit ist für ein Kleinkind noch nicht klar als Folge zu erkennen, dass muss es erst lernen.

Für viele Dinge, die es lernen muss genügt das reine Vorbild, denn das Kind ist hochmotiviert alles nach-

zumachen. Eine zweite wichtige Hilfe hierbei ist Rhythmus (z.B. Essenszeiten, Schlafenszeiten). Viele

Erwachsene können sich dem schwer unterordnen, sie fühlen sich dadurch unfrei.

Ein impulsgesteuertes Leben, bedeutet weniger Routine, mehr Nachdenken. Wenn ein Paar zwei solche

Systeme zusammenbringt, braucht es sehr viel Gespräch, um das Zusammenleben individuell zu kreieren.

DAS KINDERGARTENKIND

Langsam aber sicher wabbert die Außenwelt herein. Es gibt Kontakte zu anderen Erwachsenen, deren

einzige Gemeinsamkeit mit Ihnen vielleicht ist, dass sie gleichaltrige Kinder haben. Es ist das erste Mal, dass

Sie Ihren Liebling in fremde Hände geben. So dass es jetzt Dinge macht, die es nicht von Ihnen gelernt hat.

Ein schönes Lied singen oder den Opa Blödi nennen z.B. Eine Zeit, in der der Vater mal länger etwas mit dem

Kind alleine macht. Vielleicht etwas, was die Mutter nicht gut findet, vielleicht sogar gefährlich.

Wie verhalten Sie sich in so einer Situation? Vertrauen haben oder Eingreifen vor dem Kind, oder später zu

zweit darüber sprechen?

Bis hierhin ist Erziehung vor allem eine prophylaktische Handlung. Das heißt wir handeln, damit etwas

Schlechtes nicht eintritt. Das Kind soll früh schlafen, damit es morgens nicht unausstehlich ist. Es soll Gemü-

se essen, damit es nicht krank wird usw., usw.

DAS SCHULKIND

Die Meisten finden diese Zeit unauffällig und angenehm. Hinter dieser harmlosen Alltagskulisse müssen aber

wei schwierige Seelenbewegungen geschafft werden. Es vollzieht sich allmählich ein Wandel von der Pro-

phylaxe zur Reparatur.

Was bedeutet das?

Zunehmend wird das Kind erinnert, aber nicht mehr geführt, später auch nicht mehr erinnert. Dies beginnt in

harmlosen Alltagssituationen: Vielleicht zulassen, dass das Kind auf einen kurzen Spaziergang seine Hand-

schuhe nicht mitnimmt. So kann es aus seinem Fehler lernen, ohne durch Bemerkungen beschämt zu werden

Der Vorwurf würde zur Verteidigung und somit zur Verschleierung der wahren Ursache/Wirkung führen.

Dieses sich zurückziehen und respektieren der Persönlichkeit des Kindes und seines persönlichen Lebens-

weges ist ein Prozess. Wir sprechen hier von einem Zeitraum von 10-15 Jahren.

Kinder, die krank sind, befinden sich mit ihren Eltern natürlich in besonderen Beziehungen, die hier aber nicht

Thema sind.

Am Ende dieses Prozesses steht der junge Mensch, der sich seiner sicher ist, indem er weiß, was er kann

und nicht kann, was er vielleicht noch lernen will. Dies hat auch für die Eltern weitreichende Konsequenzen.

Das Kind wird immer weniger zu etwas, worüber sich ihr Dasein definiert.

Die Fragen: 
Was will ich? Wodurch will ich in der Welt meinen Beitrag leisten? 
Welche Themen waren verborgen von den Sorgen der Brutpflege und stehen jetzt wieder neu vor uns. Diese

Bewegung - auf die Kinder aus einem etwas größeren Abstand mit Liebe zu schauen wie auf ein ganz

besonderes Gemälde  vollziehen die Eltern nicht zwangsläufig synchron. Angst und Vertrauen sind Anteile

von uns, die recht unterschiedlich verteilt sind.

Oft fühlt sich der Ängstlichere im Stich gelassen... "Ich muss mich um alles allein kümmern, Dir ist ja alles

egal." Der Andere fühlt sich als Vater oder Mutter verkannt und die Sorge kommt ihm panisch vor.

Der weniger Ängstliche, beginnt sich früher wieder auf seine Angelegenheiten zu konzentrieren, was dem

Anderen kaltherzig erscheint. Bei Geschwistern mit einem großen Altersunterschied überlappen sich natürlich

die Phasen.

Die Eltern helfen den Kindern wenn etwas schief geht, wenn diese darum bitten. Sie sagen: Wir halten zu dir.

Die Mutter muss dem Vater gegenüber eine Haltung entwickeln, dass sie sagt: Du bist ein guter Mann, dein

Beitrag ist gut für unser Kind, auch wenn ich eine andere Art habe. Der Vater sagt, du bist eine gute Frau,

dein Beitrag ist gut für unser Kind, auch wenn ich eine andere Art habe.

Durch diese vorwurfsfreie Haltung wird ein echter Austausch möglich. Zweifel können geäußert werden, weil

das Vertrauen in die gute Absicht des Anderen unantastbar ist.

Die zweite Bewegung heißt : Wir sind ein Paar, wir leben mit unseren Kindern aber nicht für unsere Kinder.

Ich weiß aus Erfahrung, dass viele junge Eltern bei diesem Satz schwer schlucken müssen.

Was bedeutet die Eltern leben für ihre Kinder?

Sie geben ihren Kindern soviel Energie wie sie haben. Denken wir zurück an das Neugeborene. Dort bedeutet

es alles, was ich habe, und das Ergebnis ist Erschöpfung.

Dafür dürfen wir von den Kindern keine Dankbarkeit fordern. Es ist normal sich rund um die Uhr um ein völlig

hilfloses Wesen zu kümmern. Aber nach und nach brauchen die Kinder nicht mehr alles, was wir haben.

Ihnen trotzdem alles zu geben, bedeutet sie stehen in unserer Schuld. Schuld ist etwas das im Menschen-

leben die Funktion von Klebstoff hat. Das behindert die Entwicklung.

Mit ihnen leben bedeutet, die Unabhängigkeit zulassen, auf die Verbindung aus Schuld zu verzichten zu

Gunsten des Bandes der Liebe.

 

 

DIE PUBERTÄT

Hier müssen sich die Eltern nochmal abstimmen, wann Verständnis und wann Konsequenz angebracht ist.

Die Jugendlichen werden jetzt mehr von außerhalb der Familie beeinflusst und probieren vieles aus.

Es gibt viele Ängste, dass es nicht gut geht. Die Angst um die Kinder kann eine sehr tiefe Erfahrung sein, die

die Partner sehr unterschiedlich erleben können.

 

 

DIE ABLÖSUNG

Die Kinder verlassen das Haus räumlich oder innerlich the empty nest- Für die Eltern geht ein langer wichtiger

Abschnitt zu Ende. Das heisst die Sinnfrage stellt sich neu: Was mache ich mit dem restlichen Leben? Oft gibt

es darüber sehr abweichende Ansichten. Eine Lösung ist, den Jugendlichen zu problematisieren, um noch ein

bisschen Aufschub für das Ende der Brutpflege zu erhalten.

In jedem Fall ist, Kinder zu haben, nie etwas Beiläufiges, sondern immer etwas, was uns an irgendeiner Stelle

tief berührt. Deshalb ist es sehr mühsam, aus der Verschiedenartigkeit der Auffassungen zu einem Kom-

promiss zu kommen.

Kinder reiben sich an uns an den Punkten, wo wir uns weiterentwickeln dürfen. Also sind Kinder uns nicht nur

anvertraut, damit wir gut zu ihnen sind, sondern sie sind auch unsere Entwicklungshelfer.

Ich hoffe, Sie fanden Anregung, um sich auszutauschen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Herzlichst Ihre Andrea Krüger

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