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PATCHWORK

Durch erhöhte Scheidungsraten, die der Wiederverbindung aber nicht im Wege stehen, gibt es heute die Patchwork-Familie, nicht mehr nur als Ausnahme, sondern mehr und mehr zum Regelfall tendierend.

WAS VERSTEHT MAN UNTER PATCHWORK? 

Therapeutin: Haben Sie Kinder? 
Klient: Meine Frau hat fünf Kinder , ich habe vier Kinder und zusammen haben wir drei. 
Therapeutin: Also sechs? 
Klient: Ja 
Therapeutin: Wer gehört alles zu Ihrer Familie? 
Kind: 2 Mütter, 3 Väter, sechs Kinder, fünf Omas, fünf Opas, 14 Onkels, 16 Tanten, Cousins und Cousinen weiß ich jetzt grad nicht.

Die Familie als Denksportaufgabe? Vor allem aber als Fühlsportaufgabe. Die Familie funktioniert ähnlich wie ein Rudel, d.h. Ordnung entsteht durch Hierarchie. 
Da wird es nun kompliziert, denn wer hat wem zu danken, zu dienen, zu befehlen oder zu empfehlen? 
Welche Rolle spielt die aus dem Märchen bestens bekannte böse Stiefmutter oder gar der böse Stiefvater?

BEISPIEL 1

Fred 40 J verliebt sich in Anna 32 J. Sie ist alleinerziehend mit Anton 3 J. Anton ist ihr Ein und Alles. Sie sagt beim ersten Treffen zu Fred: Wer Anton nicht mag hat bei mir keine Chance. Du hast ja auch ein Kind und liebst Kinder, deswegen wird es mit uns gut gehen. 
Fred ist geschieden seit zwei Jahren. Nach einem nervenaufreibenden Rosenkrieg darf er seine jetzt 14 jährige Tochter Lotta alle 14 Tage übers Wochenende bei sich haben. 
Fred und Anna sehen sich nur am Wochenende, weil sie noch in verschiedenen Städten wohnen. 
Damit sie auch Zeit zusammen haben, beschließen sie, ein Wochenende zu zweit und ein Wochenende mit beiden Kindern zu verbringen.

Problem:

Lotta hängt am Frühstückstisch und schaufelt Müsli hinter ihren Haarvorhang. Anton matscht fröhlich in seinem Frühstück herum, und Fred und Anna lächeln sich an, in Erinnerung an die vergangene Nacht. 
Lotta sieht ihren Vater nur alle 14 Tage und muß ihn jetzt auch noch mit dieser Frau und ihrem komischen Kind teilen. 
Lotta:Kann mal jemand das Gematsche abstellen ! 
Anna:Du sitzt ja auch nicht gerade schön am Tisch. 
Lotta:Das geht Dich gar nichts an, Du bist nicht meine Mutter. 
Anna:Nicht in diesem Ton, Fred sag doch auch mal was. 
Fred:Lotta jetzt sei doch nicht so unfreundlich, Anton ist doch noch klein. 
Lotta:Ich hasse kleine Kinder und ich hasse Euch, Ihr könnt ohne mich in den Zoo mit Eurem Super Anton. 
Lotta springt auf, der Stuhl fällt um und sie verlässt Türen knallend die Küche. 
Während aus ihrem Zimmer laute Musik zu hören ist, geht es in der Küche weiter. 
Fred:Das hättest Du nicht sagen sollen, es ist schwierig für Lotta, außerdem ist sie in der Pubertät.
Anna:Das ist ja wieder typisch, immer häst Du zu Deiner Prinzessin. Du siehst überhaupt nicht, was für ein verzogenes Gör sie ist, das brauche ich wirklich nicht. Ich habe extra ihr Lieblingsmüsli gekauft, also ich gebe mir wirklich Mühe, aber das ist ja nicht genug. Ich kann auch mit Anton alleine in den Zoo. 
Fred:JETZT REICHT ES MIR: SO WAR ES SCHON MIT LOTTAS MUTTER: IMMER STREIT WEGEN NICHTS: ICH WOLLTE DOCH NUR EIN HARMONISCHES WOCHENENDE , MENSCH! 
Anton bekommt von dem Geschrei Angst und weint. Mit dem Zoo wird es wohl nichts werden, und mit der Beziehung?

BEISPIEL 2

Elfi und Mark leben seit 4 Jahren zusammen. Sie haben Alma (2 Jahre) und Ben (6 Wochen) zusammen. 
Mit in der Wohnung leben noch Ruth 14 Jahre und Josi 16 Jahre aus Elfis 1. Ehe. Die beiden besuchen den Vater unregelmäßig, aber nie übers Wochenende, weil sie da eigene Verabredungen haben. Ebenfalls unregelmäßig kommt Sven 17 Jahre der Sohn von Mark. 
Die Ferien sind schwierig zu gestalten, weil die Freizeitgestaltung der Kinder und Erwachsenen sehr verschieden sind. Der Urlaub wird oft zur Zerreißprobe, da die Kinder in ihm eine Art Liebesbeweis sehen, nach wem richten sich die Eltern am stärksten etc.

Problem:

Schwierig ist aber vor allem die Wohnsituation. Mark ist Alleinverdiener, weil Elfi durch die Kleinen nicht arbeiten kann. Außerdem muß er für Sven Unterhalt zahlen, es ist also kein Geld im Überfluss vorhanden. Die Wohnung besteht aus Wohn-Küche, Bad, Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, in dem auch die Kleinen schlafen und spielen. Die zwei weiteren Schlafzimmer werden zu zweit von den großen Mädchen bewohnt, und das Andere ist für Sven oder Gästezimmer in seiner Abwesenheit oder Herberge der Bügelwäsche. 
Josi hat seit 2 Monaten einen Freund und fordert ein eigenes Zimmer. Sie sagt Sven, sei ja eh kaum da und sie wolle mit Alain auch mal rummachen. Sven sagt, wenn für ihn nicht mal mehr ein Zimmer da sei, wüßte er ja, was sein Stellenwert beim Vater sei, dann komme er eben gar nicht mehr, wär eh nervig das ewige Geplärre. 
Mark befindet sich im Loyalitätskonflikt zwischen seinem Sohn und seiner Frau. 
Sven nutzt seine Macht dem Vater gegenüber, Josi nützt ihre Macht der Mutter gegenüber. 
Die Situation eskaliert, als das Paar entscheidet, dass Josi das Zimmer bekommt und Sven auf dem Schlafsofa im Wohnzimmer schlafen soll und das Wohnzimmer dann auch allein nutzen darf. 
Sven kommt zwei Stunden früher als abgemacht mit 3 Freunden und findet seine Stiefmutter stillend mit dem Baby auf dem Sofa vor. Peinlich berührt sagt er zu seinen Freunden:Wie krank ist das denn! Elfi fordert von Mark, Sven zur Rede zu stellen. Sie fühlt sich kompromittiert und erwartet, dass ihr Mann hinter ihr steht. 
Der hat aber dem Sohn gegenüber ein schlechtes Gewissen und würde sich lieber raushalten. In seiner Not beginnt er einen Streit mit Josi, weil diese überall ihr Zeug herumliegen lässt.

Auswirkungen auf die Paarbeziehungen:

Sie sehen das Paar bekommt in seine schöne Liebesbeziehung von überall her Sprengstoff geliefert. 
 

Was kann hier hilfreich sein? 
Nötiger als bei anderen Familien mit Kindern, ist hier Zeit für das Paar. Solche Situationen sind nur zu stemmen, wenn jeder Partner sich der Unterstützung und des Wohlwollens des Anderen sicher ist. 
Außerdem muß der Familienalltag klar geregelt sein, in Bezug auf Verantwortung. 
Also die Frage , wer erzieht wen? 
Im 1. Beispiel darf die Stiefmutter nicht sagen Du sitzt ja auch nicht richtig am Tisch. Sie kann nur sagen Anton darf das, weil er erst 3 ist. 
Die Beiden können dann ohne Kinder darüber sprechen, welche Tischsitten gelten sollen. 
Der Vater kann auf den Eifersuchtsanfall der Tochter eingehen, indem er ihr Intimität oder exklusive Zeit anbietet. z.B. Wir beide gehen nachher einkaufen und kochen heute Abend was zusammen.

Im 2. Beispiel gibt es zu wenig Platz. Das Paar nimmt in Kauf das Zimmer mit den Kleinen zu teilen, aber die Töchter wollen nicht zurückstecken, denn sie haben die Entscheidung für dieses Lebenskonzept ja auch nicht getroffen. Der Sohn bekommt die Wahl entweder ganz beim Vater zu leben. D.h. Mark muß keinen Unterhalt zahlen und kann sich eine größere Wohnung leisten, so dass es auch für Sven ein Zimmer gibt, oder Sven will nicht beim Vater leben und gibt sich mit dem Besucherstatus zufrieden. Das kann durch exclusive Zeit ausgeglichen werden. z.B. Vater und Sohn beginnen ein gemeinsames Hobby, dem sie einmal pro Woche nachgehen, oder die Beiden verbringen einen gemeinsamen Urlaub im Jahr. 
Sven muss sich für seine Bemerkung entschuldigen und Elfi muss einsehen, dass es für Sven eine peinliche Situation war. 
Von allen wird viel Toleranz und Verständnis gefordert. Das ist sehr anstrengend. Aber Kinder und Erwachsene lernen eine Menge in solchen Situationen, wenn sie spüren dürfen, dass es trotz aller Schwierigkeiten Liebe gibt.

Ich hoffe, Sie fanden Anregung, um sich auszutauschen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Herzlichst Ihre Andrea Krüger

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