ANDREA KRÜGER
PAAR- UND FAMILIENBERATUNG
RELIGION
Wie kommt man unter der Überschrift Paarberatung zum Thema Religion?
Sascha hat seiner Freundin Elke einen Heiratsantrag gemacht. Sie hat Ja gesagt. Elke möchte es am Sonntag ihren Eltern sagen. Alles ist gut, das Leben ist schön, bald bauen sie ein Haus, werden Kinder haben.... Sascha träumt von einer schönen Zukunft ohne Streit. Die Beiden haben sich beim Studium kennengelernt, sind viel gereist und verstehen sich gut. Elke kommt von ihren Eltern zurück und in dem freudigen Wortschwall tauchen plötzlich Begriffe wie kleine Kapelle... der Pfarrer, der mich gefirmt hat...meine Freundin wird bei unserer Trauung das Ave Maria singen...auf. Sascha ist völlig irritiert. Nie war vorher von Glaube oder Kirche die Rede. Er sagt ihr, dass er damit nichts aber auch gar nichts am Hut hat. Auch möchte er nicht, dass seine Kinder so einen Unsinn glauben. Elke weint, sagt er würde alles verderben und das würde er doch nicht ernst meinen, oder?
Ullrich und Beate haben 3 Kinder. Als der Kleinste in den Kindergarten kam, haben sie sich ein kleines Haus gekauft.
Beate arbeitet seitdem 4 Tage in der Woche, um gemeinsam mit Ullrich den finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Seit einer Woche ist ihr morgens immer schlecht und aus ihrem Verdacht wird Gewissheit, sie ist schwanger. Für Beate ist klar, dass sie das Kind nicht bekommen will und kann. Sie teilt ihrem Mann mit, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch machen lassen möchte. Ullrich kann das mit seiner Religion nicht vereinbaren. Er verlangt, dass sie das nicht tut. Er sagt, er könne sie sonst nicht mehr achten, ja nicht mehr als gute Mutter seiner Kinder ansehen. Beate weiß nicht mehr, mit wem sie da verheiratet ist. Er war doch immer modern, hat im Haushalt gleichberechtigt Verantwortung übernommen. Er hat sie immer in ihrem beruflichen Werden unterstüzt. Sie versteht ihn nicht mehr. Er versteht sie nicht mehr. Sie sind doch immer sonntags zusammen mit den Kindern in den Gottesdienst gegangen, sie war sogar Tischmutter, als der Älteste Kommunion hatte. Wie kann sie nur an so etwas Schlimmes denken. So ist seine Frau doch nicht!
Tarek und Eva sind ein Paar. Eva ist 32 und möchte gerne Kinder. Sie liebt Tarek sehr und ihre bisherige Beziehung verlief sehr harmonisch. Beide haben die Kultur des Anderen als Bereicherung angesehen. Tarek wünscht sich, dass seine Kinder in seinem Glauben erzogen werden. Eva ist aus ihrer Kirche ausgetreten und Religion spielt für sie keine Rolle. Tarek wünscht sich von ihr, dass sie konvertiert und die Kinder in seinem Glauben erzieht. Eva will das nicht, er wirft ihr vor , sie hätte Vorurteile, sie sagt er sei intolerant. Sie reden ganze Nächte durch, bis beide nur noch erschöpft, zermürbt und tief enttäuscht sind.
In der Beratung höre ich oft von Schwierigkeiten, die auftreten, wenn sich die Frage stellt, ob das gemeinsame Leben religiös ausgerichtet sein soll oder nicht. Häufig spielt dies zu Beginn der Beziehung keine Rolle. Ein Partner hat vielleicht keine Bindung an religiöse Themen, der Andere lebt die Religion zum Zeitpunkt des Kennenlernens nicht aus, sodass es zunächst keine Schwierigkeiten gibt.
Die ersten Unterschiede finden sich, wenn oft angeregt durch die Eltern oder Verwandten, die Entscheidung ansteht heiraten oder nicht heiraten und wenn ja, wie heiraten. Viele Menschen heiraten kirchlich aus eher romantischen Gründen und nicht aus tiefer Gläubigkeit. Das über die Jahrhunderte gleichbleibende Ritual mit den Sätzen ...was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen....bis der Tod uns scheidet... in guten und in schlechten Tagen.. hat unsere abendländische Kultur beeinflusst, und ist als Wunsch oder Ideal in unseren Köpfen gelandet. So vollzieht auch der nicht kirchennahe Partner den Ritus mit, nicht unbedingt mit dem Gefühl ein Sakrament zu empfangen. Das weiße Kleid, die Orgel, die kleine Kapelle runden für den Einen das Event ab, für den Anderen hat es eine hohe religiöse Bedeutung. Diese Verbundenheit kann zum Beispiel bedeuten, dass der Partner einer Scheidung nicht zustimmen kann aus weltanschaulichen Gründen. Oder Sexualität kann nur positiv empfunden werden in Verbindung mit dem Kinderwunsch.
Auch Verhütung oder Familienplanung kann sehr kontrovers betrachtet werden. Die Gretchenfrage ...Nun sag wie hältst Du es mit der Religion? fragt Gretchen frisch verliebt Faust.Es ist also keine beiläufige oder gar unwichtige Frage. Die zweite Soll-Bruchstelle ist die Geburt des Kindes. Taufen wir unser Kind? In welcher Religion? Welchen Kindergarten soll es besuchen? Gibt es nun ein Christkind und den Hl. Nikolaus? Brauchen Kinder Religion, um sich zugehörig zu fühlen? Können wir das delegieren oder bedeutet das, dass auch oder vor allem die Eltern ein religiöses Leben führen müssen? Wie haben wir das in unserer Familie erlebt? Feiern wir religiöse Feiern ohne Religion oder feiern wir sie konsequenterweise gar nicht? Ostern, Weihnachten, Pfingsten oder den Namenstag? Überhäufen wir unsere Kinder mit 9 Jahren mit Geschenken und feiern eine Party, damit sie sich den Kommunionkindern gegenüber nicht benachteiligt fühlen?
Darf mein Partner über meine Religion oder meinen Glauben Witze machen? Wir haben hier eine Situation, in der Kompromisse kaum möglich sind und Werte wie Respekt, Achtung, Toleranz und Liebe gefragt sind.
Wenn die Großeltern hier Druck aufbauen, kann leicht ein schädlicher Machtkampf entstehen: In welche Familie gehörst Du eigentlich, in unsere oder in deine alte?
Das Paar stellt hier die Weichen, ob danach entschieden wird, wer stäker (dominanter) ist, oder wer die besseren Argumente hat, oder wer den höheren Preis zahlen müsste. Welche Machart der Konfliktlösung am wenigsten beziehungsschädlich ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Jedes Paar hat eine andere Situation und Geschichte und leider gibt es kein allgemeingütiges Richtig oder Falsch. Wie war oder ist das bei Ihnen?
In unserer heutigen Gesellschaft in Mitteleuropa gibt es mehr und mehr Ehen oder Partnerschaften, die sich aus
Angehörigen verschiedener Religionen zusammensetzen.
Jede Religionsgruppe besteht aus Menschen in einer Bandbreite von fanatisch bis nicht ausübend. Trotzdem sind Gesellschaften, die in der Vergangenheit über Generationen einer Religion angehörten, von deren Wertvorstellungen geprägt. Eine muslimische Gesellschaft legt viel mehr Wert auf die Achtung der Eltern oder älteren Menschen.
Buddhistische oder hinduistische Gesellschaften haben weniger das Individuum im Zentrum. Um nur einige Beispiele zu nennen. Dies alles wirkt auf die Lebensführung, auf die Werte und die Rolle der Familie oder Ehe stark ein.
Im Buddhismus gibt es keinen Gott. Jeder Mensch kann sich selbst erlösen, wenn er der Weisheit Buddhas folgt. Im Mittelpunkt der Predigten Buddhas stehen die vier edlen Wahrheiten:
Die vier edlen Wahrheiten
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Glück ist vergänglich, und das Leben ist Leiden.
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Das Leiden entsteht, weil die Menschen mehr haben wollen, als sie besitzen.
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Das Leiden hört auf, wenn die Menschen diese Gier überwinden.
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Es gibt einen Weg zum Glück. Das ist der achtfache Pfad.
Das Christentum: Ein Gläubiger wird Christ durch die Taufe, das 1. von 7 Sakramenten. Überliefert wird der Glaube durch die Bibel bestehend aus Neuem und Altem Testament ( vor Christi Geburt und danach ) Es gibt einen dreieinigen Gott (Gottvater, Gottes Sohn und der Hl. Geist). Beachtet sollen die zehn Gebote werden. Es gibt ein Leben nach dem Tod.
Es gibt Katholiken, Protestanten, Baptisten, Anglikaner und viele andere Christen.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche ist der Papst.
Der Hinduismus kommt aus Indien und glaubt an die Wiedergeburt was zu einem ewigen Kreislauf( Samsara) führt.
Grundlage sind Geschichten der Bhagavadgita über Arjuna und den Gott Krischna. Es gibt 10 Lebensregeln. Durch
Schlechtes sammelt man schlechtes Karma an, was darüber entscheidet, in welcher Kaste man wiedergeboren wird.
Der Islam geht auf Mohammed in Mekka zurück. Das heilige Buch ist der Koran. Man soll leben nach den "Fünf Säulen des Islam" Glaube an den einen Gott Allah, das tägliche Gebet, eine Abgabe an die Armen, Einhaltung des Fastens im Monat Ramadan und eine Pilgerfahrt zur Kaaba nach Mekka. Es gibt nach dem Tod das ewige Leben im Paradies.
Das Judentum ist die älteste Religion. Sie sehen sich als Nachfahren Abrahams an, der von Gott auserwählt wurde. Die wichtigsten Texte stehen in der Thora und dem Talmud. Gläubige Jüdinnen und Juden bemühen sich, die Gebote der Thora zu befolgen. Zu den Geboten gehört das tägliche Gebet, das Studium der Thora, Speisevorschriften und viele Gebote, die das Zusammenleben regeln. Durch jahrhundertelange Verfolgung wurde diese Gemeinschaft unabhängig von der individuellen Tiefe des Glaubens zusammengeschweißt.
Außer den sogenannten Weltreligionen gibt es natürlich viele religiöse Gruppierungen, die hier nicht alle genannt werden können. Es ist aber klar, dass Religion, die gelebt werden will, nicht getrennt von den alltäglichen Abläufen und Anschauungen existieren kann. Beeindruckend ist, dass die verschiedenen Religionen viele Elemente besitzen, die sich bei allen, wenn auch abgewandelt wiederfinden lassen.
Der Mensch hatte von je her wissen wollen, wo kommen wir her, wo gehen wir hin, was ist der Sinn des Lebens, gibt es etwas oder Jemanden, der die Begrenztheit unseres Seins übersteigt, bei dem wir uns geborgen fühlen können. In so wichtigen Fragen sind Kompromisse sehr schwierig, wie wir in den immer wieder aufbrechenden Religionskriegen oft vor Augen geführt bekommen. Aber Paare haben im Gegensatz zu Staaten eine unschlagbare Geheimwaffe : die Liebe. Damit gelingt das scheinbar Unmögliche ..nämlich sich respektvolle Koexistenz oder sogar etwas Neues Gemeinsames zu erarbeiten.
Natürlich gibt es auch viele Paare, wo Beide keiner Religion angehören, oder Paare die den selben Glauben praktizieren.
Die Frage war jedoch, wo kann es durch Verschiedenartigkeit im Thema Religion zu Schwierigkeiten in der Beziehung
kommen. Und hier gibt es viele Probleme, aber sozusagen ..Gott sei Dank.. auch Chancen.
Ich hoffe, Sie fanden Anregung, um sich auszutauschen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Herzlichst Ihre
Andrea Krüger